Schwangere genießen einen besonderen Kündigungsschutz – diese Erkenntnis gehört heute zum Allgemeinwissen. So einfach diese Aussage auch zunächst klingen mag, im Detail können sich manche Fragen ergeben, die sich sowohl für den Arbeitgeber als auch die schwangere Arbeitnehmerin nicht so einfach beantworten lassen.
Grundsätzliches zum Kündigungsschutz für Schwangere
§ 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt die schwangere Arbeitnehmerin ab Beginn der Schwangerschaft und die Mutter bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Geburt ihres Kindes vor einer Kündigung. In diesem Zeitraum ist dem Arbeitgeber die Kündigung schlichtweg untersagt.
Ein erster möglicher Hinderungsgrund für das Bestehen des Kündigungsschutzes kann aber darin bestehen, dass dem Arbeitgeber das Bestehen der Schwangerschaft, beziehungsweise die Tatsache einer erfolgten Entbindung zum Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt war.
Das Mutterschutzgesetz setzt diese Kenntnis beim Arbeitgeber voraus. Aus Billigkeitsgründen hat die betroffene Arbeitnehmerin nach der Kündigung noch 14 Tage Zeit, um eine entsprechende Mitteilung nachzuholen, wenn die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung schon bestanden hat. Die Arbeitnehmerin trifft dabei grundsätzlich die Pflicht, im Bestreitensfalle den Zugang dieser Mitteilung beim Arbeitgeber zu beweisen.
In den meisten Fällen wird es in diesem Kontext nicht zu Streitigkeiten kommen, es schadet aber nicht, für einen beweissicheren Zugang der Mitteilung durch Zeugen oder durch Boten zu sorgen. Dies ist insbesondere dann anzuraten, wenn das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin aus anderen Gründen bereits angespannt ist oder aber der Arbeitnehmerin bekannt ist, dass Kündigungen zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen ganz allgemein drohen.
Der spezielle Kündigungsschutz kann nur in sehr eng umgrenzten Ausnahmefällen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde durchbrochen werden. Möglich ist dies bei schwersten Pflichtverletzungen der Schwangeren oder aber bei existenzieller Gefährdung des Betriebes.
Alle wichtigen Informationen finden Sie in der kostenlosen PDF-Datei des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Leitfaden zum Mutterschutz
Typische besondere Fälle und weitere Fragestellungen
Wie bei den meisten rechtlichen Themen beginnen die Schwierigkeiten nicht beim Regelfall, sondern betreffen Einzelfälle. Einige typische Konstellationen und Randfragen werden im Folgenden etwas näher betrachtet:
- Thema Fehlgeburten und Schwangerschaftsabbrüche – teilweise greift hier der Kündigungsschutz, dabei machen die Arbeitsgerichte die Grenzziehung sowohl bei einer Fehlgeburt als auch bei einem medizinisch angezeigtem Abbruch vom Gewicht des Kindes abhängig, das mindestens 500 Gramm betragen muss.
- Thema Aufhebungsvertrag – Ein Aufhebungsvertrag kann auch während der Geltung des Mutterschutzes erfolgen, hier sollte die Arbeitnehmerin prüfen, ob sie einen solchen grundsätzlich wirksamen Vertrag abschließen möchte, der das Arbeitsverhältnis auch während des Mutterschutzes beenden kann.
- Eigenkündigung der Arbeitnehmerin – diese ist grundsätzlich jederzeit möglich, dabei sind aber Fristen und letztendlich auch Sperrzeiten beim Bezug von Arbeitslosengeld zu beachten.
Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, sowohl von Arbeitgeberseite als auch von Arbeitnehmerseite her qualifizierten Rechtsrat einzuholen.
Verhalten in der Schwangerschaft – ohne Rücksicht auf Verluste?
Die Gerichte beschäftigen immer wieder Fälle zu verhaltensbedingten Kündigungen während der Schwangerschaft – grundsätzlich erfasst der Kündigungsschutz alle Arten von Kündigungen. Es stellt sich die Frage, ob eine Schwangere während der Schwangerschaft alles darf, was bei einem anderen Arbeitnehmer zur verhaltensbedingten und regelmäßig fristlosen Kündigung führen würde. Die Abgrenzung ist hier im Einzelfall schwierig zu ziehen.
Ein typischer Sachverhalt wäre zum Beispiel ein Diebstahl zu Lasten des Arbeitgebers oder eine so schwerwiegende Beleidigung, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint. Auch hier hat der Gesetzgeber den Maßstab sehr hoch angelegt.
Zunächst würde schon im Normalfall nicht jeder Diebstahl oder jede Beleidigung eines Arbeitnehmers zur Kündigung berechtigen, es muss zumindest eine Abmahnung vorausgehen. Dies ist bei einer schwangeren Arbeitnehmerin ebenfalls der Fall.
Zusätzlich muss der Arbeitgeber die Erlaubnis der Aufsichtsbehörde einholen und zwar bevor er kündigt. Die Aufsichtsbehörde wird unter Abwägung aller Umstände entscheiden, wobei auf Seiten des Arbeitgebers ein besonders gewichtiges Arbeitgeberinteresse in der Waagschale liegen muss, das die weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht.
Erfahrungsgemäß ist dies selten der Fall, und es ist für den Arbeitgeber noch schwieriger als allgemein, hier am Ende eine wirksame Kündigung durchzusetzen.
Video: Kündigung und Diskriminierung einer Schwangeren
Kündigung während der Schwangerschaft – die absolute Ausnahme
Das als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltete Kündigungsverbot während der Schwangerschaft hat absolute Geltung und kann nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen durchbrochen werden. Aufgrund der Komplexität der rechtlichen Gestaltungen empfiehlt sich in Streitfällen grundsätzlich qualifizierte rechtliche Beratung, denn es spielen Fristen eine Rolle, und der Teufel steckt auch bei dieser gesetzlichen Regelung im Detail.
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