Sie ist die Basis für eine gesunde psychische, körperliche und soziale Entwicklung: die sichere Bindung zwischen Kindern und Eltern. Welche Phasen der Bindungsentwicklung gibt es und wie können Eltern ihren kleinen Schützling bestmöglich bei diesem wichtigen Entwicklungsschritt unterstützen?
Sichere Bindung – was bedeutet das?
John Bowlby, der Begründer der Bindungstheorie bringt es auf den Punkt, indem er Bindung als unsichtbares Band bezeichnet, welches zwei Personen über Raum und Zeit hinweg ganz spezifisch miteinander verbindet.
In den 50er Jahren lieferte Bowlby im Rahmen seiner Forschungen über den Zusammenhang von Bindungsverhalten und psychopathologischen Auffälligkeiten bei Heimkindern wegweisende Erkenntnisse. Die Grundlage bildeten dabei prägende Auswirkungen von Trennungserfahrungen in der frühen Kindheit.
Als Kleinkind in den Gefühlen und Bedürfnissen vernachlässigt, gelinge es heranwachsenden Kindern und Jugendlichen später in ihrem Leben nicht, stabile Bindungen aufzubauen.
Wichtig: Die sichere Bindung zwischen Kindern und Eltern hat ihren Ursprung in den ersten drei Lebensjahren. Der Aufbau dieser frühkindlichen Bindung ist deshalb so wichtig, da sie nicht nur Wegweiser für das künftige Leben, sondern gleichzeitig auch der Schutzfaktor für eine gesunde Entwicklung des Kindes ist.
Die Phasen der Bindungsentwicklung
Die Entwicklung der Bindung durchläuft vier Phasen, aus denen die Kinder heraus zuerst eine beständige Bindung zu ihren Bezugspersonen entwickeln, die ihnen dann bei Abwesenheit der Eltern als sichere Basis dient:
Vorbindungsphase
In den ersten beiden Monaten nach seiner Geburt befindet sich der Säugling in einer Phase der unspezifischen sozialen Reaktionen und versucht noch reflexartig durch angeborene Verhaltensweisen (Schreien, Horchen, Anschmiegen) Kontakt zu den Eltern herzustellen.
Personenunterscheidende Phase
In dieser beginnenden Bindungsphase lernt das Baby bis zum Alter von etwa 8 Monaten, bekannte Personen von Fremden zu unterscheiden. Das „Fremdeln“ beginnt. Der Säugling baut nun eine primäre intensive Bindung zu seinen Bezugspersonen auf.
Phase der eindeutigen Bindung
Ist das Kind eineinhalb bis zwei Jahre, ist die deutliche Bindung zu Mutter und Vater erkennbar. Die nun entstehende Trennungsangst dient als wichtige natürliche Schutzfunktion, welche die Entdeckertouren neugieriger Krabbelkinder und Laufanfänger begrenzt. Die Eltern sind die „sichere Basis“, der Zufluchtsort ihres Kindes. Längere Trennungen lösen beim Kind jetzt regelrechte Trauerreaktionen aus.
Zielkorrigierte Partnerschaft
Mit zwei, drei Jahren beginnt das Kind, die erworbenen Bindungen zu integrieren. Der soziale Radius wird größer, das Kind geht nun Beziehungen zu mehreren Bindungspersonen ein. Großeltern und Erzieherinnen werden zu wichtigen Wegbegleitern. Mithilfe geduldiger Bezugspersonen ist das Kind am Ende des „Trotzalters“ in der Lage, sich gefühlsmäßig in andere Personen hineinzuversetzen.
Video: Bindung in der kindlichen Entwicklung
Phasen der Bindungsentwicklung & die Qualität der Bindung
Jedes Baby kommt mit dem angeborenen Bedürfnis auf die Welt, in Mutter und Vater sichere Bindungspersonen zu finden, die es pflegen, beschützen und unterstützen. Durch ihr feinfühliges Verhalten unterstützen die Eltern ihr Kind in allen Phasen der Bindungsentwicklung und fördern es damit automatisch in seiner Kompetenz, sich selbst vor gefährlichen Situationen zu schützen. Bei Trennungsangst ist es wichtig, dem Kind Trost, körperliche Nähe und Beruhigung zu spenden. Ein weinendes Baby sollte daher nie aus der Angst heraus, es mit der sofortigen Erfüllung seiner Bedürfnisse zu sehr zu verwöhnen, in seiner Frustration alleine gelassen werden.
Voraussetzung für den Aufbau einer sicheren Bindung zwischen Kind und Eltern ist daher das feinfühlige Erkennen der kindlichen Signale, das richtige Interpretieren dieser und die adäquate Reaktion darauf. Sicher gebundene Kinder zeigen in Trennungssituationen (Kindergarten etc.) durchaus Kummer, spielen aber nach der Rückkehr der Mutter fröhlich weiter.
Sicher gebunden – der Garant für eine gute Entwicklung
Wer von Geburt an sicher gebunden ist, entwickelt innerhalb der Phasen der Bindungsentwicklung die Kompetenzen und Stärken, die er später als Schutzfunktion gegen belastende Lebenssituationen benötigt. Das A und O beim Aufbau der sicheren Bindung ist dabei vor allem eines: die Feinfühligkeit der Eltern.
Titelbild: © istock.com – kzenon
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