Fleisch essen oder nicht essen, das ist hier die Frage! Die Zahl der Menschen, die sich für eine vegetarische Ernährung entscheiden, steigt täglich. In Deutschland leben rund sieben Millionen Vegetarier (neun Prozent der Gesamtbevölkerung). Das ist der Spitzenplatz in Europa, gefolgt von Italien (sechs Millionen) und Großbritannien (vier Millionen). Aber leben Vegetarier auch tatsächlich gesünder?
Es geht also doch: Der Mensch kann sich ohne Fleisch ernähren, ohne dabei um seine Gesundheit fürchten zu müssen. Das besagt zumindest eine neue Langzeitstudie mit rund 7000 Teilnehmern aus den USA und eine neue Studie des Krebsforschungszentrums Heidelberg (2000 Menschen wurden über 20 Jahre lang beobachtet). Andere Studien kamen in den letzten Jahren bereits zum gleichen Ergebnis. Untersucht werden meistens drei Gruppen: Vegetarier, Veganer – Menschen die komplett auf tierische Produkte verzichten, auch keine Milch und Eier essen und moderate Vegetarier, die fallweise zu Fleisch greifen.
Weniger Herzerkrankungen und Diabetes-Fälle
Viele Krankheiten wie Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen und Arteriosklerose kommen bei Vegetariern wesentlich seltener vor als bei Menschen, die Fleisch essen. Auch leben laut Studien die Vegetarier/Veganer im Durschnitt länger. Aber selbstverständlich kommt es nicht nur davon, dass Vegetarier auf Fleisch verzichten. Grundsätzlich essen Vegetarier einfach häufiger Gemüse und Obst. Und ja, es gibt für Vegetarier tatsächlich mehr Alternativen als nur an Salatblättern und Karotten zu knabbern. Wirklich!! Vegetarier rauchen tendenziell auch weniger (bis gar nicht), trinken weniger Alkohol und bewegen sich mehr (Anmerkung der Redaktion: Bitte keine bösen Blicke Richtung Redakteurin – ich gebe nur wieder was die Studien schreiben: es gibt sicherlich auch genügend Fleischesser, die sich fit und gesund halten). Zu viel Fast Food wie Pommes, Pizza sowie Süßigkeiten haben selbstverständlich auch negative Auswirkungen auf die vegetarische Bevölkerung. Auf die Menge und Mischung kommt es an!
Vorurteile: Missionarische Vegetarier?
Die Zeiten in denen die Vegetarier schief angesehen werden und selten dämliche Witze („Wie nennt man einen dicken Vegetarier? Biotonne“) über sich ergehen lassen müssen, sind zwar noch nicht ganz vorbei, aber es hat sich doch schon um einiges gebessert. Insbesondere junge Leute stehen einer vegetarischen bzw. veganen Lebensweise aufgeschlossen gegenüber und immer mehr Jugendliche selbst werden zu Vegetariern, auch wenn die gesamte Familie weiterhin Fleisch isst. Aber nicht jede Familie kann den Sinneswandel ihres Kindes verstehen – eine vegetarische Ernährung sei nicht richtig und doch eh nur eine Phase – und sie versuchen ihre Kinder wieder „umzuerziehen“. Keine gute Idee! Missionieren sollte niemand. Auch nicht die Vegetarier. Das wird ihnen jedoch von vielen Fleischessern vorgeworfen und der Vorstoß der Grünen, einen Veggie-Tag in deutsche Kantinen einzuführen ist daher auch nicht bei allen auf fruchtbaren Boden gefallen: „Vegetarier fühlen sich beleidigt, wenn jemand am gleichen Tisch sitzt und Fleisch verzehrt“ oder „Vegetarier fühlen sich als die bessere Menschen, weil für sie keine Tiere sterben müssen und das zeigen sie uns auch gerne“, so oder so ähnlich. Und leider gibt es sie tatsächlich: die missionarischen Vegetarier oder vegetarischen Missionare, die versuchen ihren eigenen Lebensstil anderen aufzuzwingen. Auch nicht gut! Jeder sollte das Essen was ihm schmeckt, solange dabei nicht der eigene Körper und die Gesundheit vergessen werden.
Vorsicht die „Flextarier“ kommen
Die FAZ hat einen neuen Begriff in den Raum geworfen: Flextarier. Aber nur der Name ist neu. Denn darunter versteht man einfach die moderaten Vegetarier, die ihren Fleischkonsum deutlich reduzieren, öfter auch mal total auf Fleisch verzichten. Und warum auch nicht: es gibt keine Studie, die besagt, dass sich eine ausgewogene Ernährung mit Geflügel, Fisch und Fleisch schlecht auf den Körper auswirkt. Im Gegenteil, so sind tierische Produkte wichtige Eiweiß-, Vitamin- (B-Vitamine) und Mineralquellen. Laut der deutschen Langzeitstudie schnitten die moderaten Vegetarier genauso gut ab wie die reinen Vegetarier. Weniger ist halt manchmal tatsächlich mehr.
Mein Weg zum Gemüse & Co.
„Ich bin jetzt schon seit fast fünfzehn Jahren Vegetarierin. Eine ganz schön lange Zeit. Es war allerdings keine Entscheidung, der ich damals große Bedeutung beigemessen hätte. Es ist halt passiert, mehr nicht. Von heute auf morgen wollte ich kein Fleisch mehr essen. Ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen: Ich musste das erste Mal als Teenager selber kochen (Asche auf mein Haupt – aber sonst hat halt meine Mutter das Mittagessen für mich zubereitet) und meine Mutter hat mir Hähnchen gekauft. Und da stand ich nun in der Küche vor dem Hähnchen und wusste nicht was ich machen sollte, denn ich mochte das Hähnchen einfach nicht anfassen. Es sah einfach so ganz anders aus, als schon fertig gebraten auf einem Teller mit Beilagen. Glitschig, irgendwie schleimig und überhaupt nicht appetitlich. Und dann nahm meine Fantasie überhand und meine Gedanken flogen im Kopf herum: Das war mal ein Tier! Du kannst doch kein Tier essen! Dass ich das vorher ganz gut konnte, davon wollte ich nichts mehr hören. Von dem Zeitpunkt an ging es einfach nicht mehr. Meine Eltern haben meine Entscheidung ganz ruhig zur Kenntnis genommen. Mein Vater schüttelt auch weiterhin manchmal den Kopf wenn wir zusammen Essen gehen und ich noch immer kein Fleisch bestelle, aber auch wenn er es nie verstehen konnte, er hat es zumindest akzeptiert.
Wenn ich höre, dass Vegetarier hagere, depressive Weltverbesserer mit blutleeren und blassen Gesichtern sein sollen, dann kann ich nur lachen. Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich einen lebenslustigen Menschen mit ein paar mehr Pfunden auf den Rippen als vielleicht der Norm entspricht (dazu esse ich einfach zu gerne mal ein Stück Schokolade oder auch zwei) und einer großen Neugier auf das Leben. Depressionen? Nicht bei mir. Hm, der Weltverbesserer könnte allerdings passen – grins.
Nachdem ich vor kurzem das Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer gelesen habe, fühle ich mich in meiner Entscheidung nach so vielen Jahren bestätigt. Der Autor ist selbst Vegetarier und beschreibt in seinem Buch detailliert (wirklich sehr detailliert) die Zustände der Massentierhaltung in den USA. Für die deutsche Ausgabe hat der Vegetarierbund Deutschland dabei geholfen die hiesigen Zustände zusammenzutragen. Nicht schön! Mir hat sich hin und wieder der Magen umgedreht. Und wäre ich nicht schon Vegetarierin gewesen, so wäre es der richtige Zeitpunkt gewesen, es zu werden. Und auch die Umwelt dankt es uns: Die Produktion von einem Kilo Rindfleisch in Brasilien entspricht zum Beispiel 1.600 Kilometer in Bezug auf den CO2 Ausstoß. Und jetzt kommt mir bitte nicht mit: Aber Deutschland ist nicht Brasilien! Umwelt ist Umwelt!
Einem weiteren Vorurteil dem ich oft gegenüber stehe: Du armer Vegetarier, du musst auf so viel verzichten! Aber muss ich das wirklich? Nein, überhaupt nicht. Denn für mich ist es kein Verzicht! Ich mag Fleisch einfach nicht mehr. Fisch oder anderes Meeresgetier esse ich auch nicht. Vitamine und anderen Stoffe, die mir durch meine fleischlose Ernährung fehlen, die kann man ganz gut durch andere Lebensmittel wieder ausgleichen. Erdnuss- oder Mandelbutter sind gute und (wenn ich Maßen gegessen) gesunde Proteinlieferanten, Vollkornprodukte sind nährreich, und auch schwarze Bohnen und Kichererbsen liefern viele Proteine und sind damit gute Fleischalternativen. Und dann gibt es da noch das Schnitzel, das kein Schnitzel ist! Hab ich euch jetzt verwirrt? Das Schnitzel, das hin und wieder auf meinem Teller liegt ist vollkommen fleischlos, es wird auf Milchbasis hergestellt. Und es schmeckt wirklich sehr gut. Heutzutage gibt es so viele Alternativen für Vegetarier und wirklich viele leckere Rezepte. Also bitte, ihr braucht kein Mitleid mit mir haben.“
Auf Fleisch verzichten? Long live the Steak!
„Nein, nein und nochmals NEIN!!! Auf mein Steak oder meinen leckeren Hamburger möchte ich nicht verzichten. Warum sollte ich meine Ernährungsgewohnheiten ändern, wenn schon bereits die Neandertaler auf die Jagd gegangen sind und das Erlegte über dem Feuer geröstet haben? Sie waren Jäger und haben sich nicht nur von Beeren und Kräutern ernährt. Damit hätten sie auch gar nicht überleben können.
Wenn ich genau darüber nachdenke, kann ich nur eine Antwort auf die Frage geben, warum ich Fleisch esse: Mir schmeckt es einfach! Was soll ich sonst dazu sagen? Ich esse Fleisch nicht im Übermaß, aber ein bis zweimal die Woche muss es schon sein. Im Sommer macht es einfach Spaß mit Familie und Freunden im Garten oder am See zu Grillen, und an Weihnachten um den festlich geschmückten Tisch zu sitzen und gemeinsam eine lecker zubereitete Gans zu essen.
Auch ich finde Massentierhaltung furchtbar und erschreckend. Ich bin ja kein Sadist! Da wird das Tier nicht mehr als Tier, sondern als Produkt betrachtet. Da muss ich den Verfechtern vegetarischer Ernährung durchaus zustimmen. ABER: Verantwortungsbewussten Verbrauchern stehen viele Möglichkeiten offen sich gegen diese Art von Fleischproduktion zu entscheiden. Massentierhaltung gehört boykottiert! Dann lieber in den Bioladen gehen oder zum nächsten Bauernhof!
Ich versuche ich mich so gesund wie möglich zu ernähren. Obst und Gemüse stehen ebenso auf meinem Speiseplan wie Fisch und Geflügel. Ob es tatsächlich ungesünder ist, Vegetarier zu sein, dass kann und will ich hier gar nicht behaupten. Vorstellbar ist es aber, da sie schließlich keine tierischen Eiweiße oder Vitamine, die nur im Fleisch zu finden sind, zu sich nehmen.
Ist es vielleicht auch nur aus Gewohnheit oder Faulheit, dass ich meine Ernährung nicht umstellen möchte? Ich gebe gerne zu, dass das wohl auch eine Rolle spielt. Wenn ich in ein „normales“ Restaurant gehe, dann sehe ich mehr Fleischgerichte auf der Speisekarte als vollkommen vegetarische Gerichte. Manchmal gibt es sogar (fast) überhaupt keine fleischlosen Alternativen. Da ist es schon einfacher „Nicht-Vegetarier“ zu sein. Als Vegetarier müsste ich mir also immer genau im Vorfelde überlegen, wohin ich gehen könnte. Das wäre mir einfach zu viel Stress! Und nur spezielle vegetarische Restaurants wären mir auf Dauer zu langweilig!
Was mich besonders nervt ist, wenn mir jemand vorschreiben will, was ich zu Essen habe. Ich hatte schon das Vergnügen, dass Vegetarier mir ein schlechtes Gewissen einreden wollten. Warum kann nicht einfach jeder das essen, was er möchte? Fühlen sie sich dazu auserkoren die Menschheit vor dem Fleischessen zu retten? Ich gehe ja schließlich auch nicht zu jedem Vegetarier und mache Werbung für Sauerbraten und Gulasch. Und wenn Vegetarier mal ganz ehrlich zu sich selbst und zu uns „Fleischessern“ sind, dann müssten sie auch ihren Haustieren Fleisch verbieten und sie zu Vegetariern umerziehen. Ich glaube aber kaum, dass es viele machen. Auch Lederschuhe und Ledertaschen müssten dann eigentlich Tabu sein!“
Ende gut, alles gut
Video: Fragwürdiger Fleischkonsum ( Andreas Popp ) !
Eine letzte Anmerkung und dann soll es das auch für heute gewesen sein: Dieser Artikel soll keine Anleitung für ein besseres Leben sein. Ich bin keine Fachfrau! Falls sich jedoch einige von euch von dem Artikel inspiriert fühlen, mehr über die vegetarische Ernährung zu lesen, hier noch ein paar Link-Tipps:
- http://www.vebu.de/
- http://www.schrotundkorn.de/2013/201303e05.php
- http://eatsmarter.de/rezepte/ernaehrung/vegetarisch
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