Die Akzeptanz von überbegabten Kindern in Deutschland ist nach wie vor nur spärlich vorhanden. Lehrer und Ärzte disgnostizieren Konzentrationsstörungen, während das Kind fast spielerisch überdurchschnittliche Leistungen zutage fördert. Die Familienbloggerin Angelika Richter, selbst Mutter eines überbegabten Kindes, hat für unser Familienmagazin aus Ihrem Leben berichtet:
Im August 2012 wurde unser Sohn Sean eingeschult und schon nach wenigen Tagen bekam er die ersten Hausaufgaben. Ich bemerkte schnell, dass er sich dafür nicht begeisterte. Er machte sie, aber es dauerte zwei bis drei Stunden bis er sie fertig hatte. Meistens waren es zwei Seiten, eine mit einer Zahl und die andere mit einem Buchstaben. Wir machten pausen, ich motivierte ihn indem ich neben ihm saß und auch mitschrieb. Er erledigte sie, aber nur mit viel Mühe und eigentlich wurde es nur hingeschmiert. Die Buchstaben und Zahlen blieben in den Zeilen, aber dies hielt auch nicht lange an.
Vorschule, statt Förderung
Nach ca. vier Monaten in der ersten Klasse führte ich ein Gespräch mit seiner Klassenlehrerin, sie sagte mir, dass Sean zwar alles kann und prima mitmacht, allerding wäre er schnell gelangweilt und demnach auch abgelenkt. Sie riet mir dazu ihn herunterstufen zu lassen und ihn in die Vorschule zu schicken. Ich überlegte, was das Beste für ihn wäre, weil ich mir dachte, dass es man ihm einfach nur etwas Zeit geben sollte und doch entschloss ich mich diesen Weg zu gehen, wer weiß vielleicht ist Sean wirklich überfordert.
Er ging wie besprochen in die Vorschule und nach zwei Monaten bekam ich einen Anruf von seiner Klassenlehrerin und sie sagte mir, dass Sean immer sehr unkonzentriert sei, immer andere Dinge im Kopf hat und nicht mit dem Stoff hinterher kommt.
ADS oder Überbegabung?
Sie hatte bedenken, dass er überhaupt in die erste Klasse kommt und wir sollten ihn auf ADS testen lassen. Ich war sehr überrascht und traurig, weil ich es einfach nicht verstehen wollte. Schließlich konnte Sean schon einfache Worte schreiben, buchstabieren und einfache Zahlen addieren und subtrahieren. Er interessierte sich für andere Themen, als gleichaltrige Jungen und deshalb gehören nur Kinder die ein bis drei Jahre älter waren zu seinem Freundeskreis.
Ich sprach mit meiner Mutter und Bekannten darüber. Diese sagten mir, dass sie eher denken Sean sei hochbegabt. Mein Kind hochbegabt, nein niemals! Ich recherchierte im Internet und mir fiel auf, dass vieles was auf die Hochbegabung hindeutet, auch auf Sean zutrifft. Er hat kein Schlafbedürfnis, er spricht viel über das Leben, den Tod, die Natur und Technik. Er ist kann sich stundenlang für Sachen faszinieren.
Doch andere Dinge, wie immer wieder die gleichen Buchstaben üben, langweilen ihn und trotzdem macht er sie, weil es von ihm erwartet wird, aber dann auf seine Art und Weise. Ich rief danach bei einer Beratungsstelle an und die nette Dame am Telefon nannte mir Stellen, wo man den IQ testen lassen kann.
Das Testverfahren und sein Ergebnis
Ich rief im BEGA-Institut an und unterhielt mich einige Zeit mit Frau Hartman, sie riet mir zu einem Testverfahren, weil alles darauf hindeutet. Zwei Wochen später war es so weit, wir fuhren hin und Sean wurde getestet. Die Ergebnisse fielen sehr positiv aus. Sean war hochbegabt und nun war es an der Zeit mit den Lehrkräften zu sprechen. Schließlich sollte er glücklich sein und er musste gefördert werden. Eine Woche später kam ich mit seiner Klassenlehrerin ins Gespräch und sie entschuldigte sich bei mir und meinte sogar, dass wenn er sich wirklich so sehr langweilen würde, sie Sean ein paar Aufgaben erlassen und ihm dafür ein paar Denk- und Logikaufgaben geben könnte. Und er könnte wieder in die erste Klasse gehen.
Natürlich wäre es schön für ihn, aber bringt es etwas, wenn das Schuljahr in drei Monaten zu ende ist? Wieder müsste er die Klasse wechseln, sich neu orientieren, neue Freunde suchen und ganz schnell den Stoff nachholen, damit er in der zweiten Klasse mithalten kann. Wäre dies der richtige Weg? Ich bezweifle es. Im August beginnt das neue Schuljahr und ich bin gespannt und etwas wütend zu gleich. Man hätte sich alles sparen können, ihm damals einfach mehr Zeit geben sollen, aber jetzt ist es wie es ist.
Wir schauen positiv in die Zukunft und hoffen, dass er im August ein glückliches Schulkind ist, was sich nicht anpassen und sich mit Dingen herumplagen muss, die ihn langweilen und demnach aus ihm einen Zappelphillipp machen, sondern einfach er selbst sein kann und Freude am Lernen hat.
Die Autorin
Bildquelle: Lassedesignen – Fotolia
Impressum